Recap zum Business Angel Netzwerk Deutschland Tag 2021
Weiblicher, nachhaltiger, ethischer? Von „Angelinas“ & unsichtbarer Nachhaltigkeit – persönliche Gedanken zum DBAT 2021.
Da saß ich nun am ersten Sonntag im November 2021 mit ca. 200 Business Angels (m/w/d) im schönen Köln; freundliches Wetter inklusive. Meine erste Teilnahme in dieser Runde überhaupt.
Was hängen bleibt
In nachhaltiger, über den BAND Tag hinaus wirkender Erinnerung wird mir verbleiben:
a) Die „Lage der Zukunft“ durch Hr. Dr. Werner Hoyer, Präsident European Investment Bank.
Sinngemäß habe ich behalten:
Lage bewölkt, aber mit viel Geld lösbare Herausforderungen vor uns. Ob der schieren Menge der benötigten Mittel können (und sollten) das aber nicht EU/Staat selbst stemmen -> BA / Venture Kapital als Teil der Lösung ist wichtig.
Übrigens: Ich teile diese Meinung so nicht, denn ich sehe es so: Viele notwendige Aufgaben fallen durch das rationale Beuteschema von Investoren..
b) Dinner-Speech von Hr. Prof. em. Dr. Dr. hc. Detlev Riesner -> Legende on Stage!
In seiner Rede setzte Prof. Riesner mit seiner wissenschaftlichen / kommerziellen Expertise einen von 1975(!) bis heute (um-)spannenden Bogen mit viel persönlichem und thematischem Kontext. Prima!
Für den aufmerksamen Zuhörenden gab es viel Wertvolles zu entdecken.
Ja, ich werde beispielsweise zukünftig noch mehr berücksichtigen, für jeden investierten Euro zwei oder drei Euro für weitere Runden zurückzubehalten, um einer zu starken Verwässerung möglichst zu entgehen.
c) Die (mehr als eine) Laudatio von Peter Jungen für den zu kürenden Business Angel of the Year.
Auch wenn bereits bekannt, ist es immer wieder gut, aus berufenem Mund zu vernehmen: „Execution“* als wesentliche, erfolgentscheidende Fähigkeit von Start-ups.
*(M)eine deutsche Definition von Execution:
Umsetzung- und Handlungskompetenz ... und zwar als ein sowohl bei den Gründern immer erfolgsnotwendiger (aber alleine nicht hinreichender) Faktor, der ebenso für Business Angels gültig ist ;-).
d) Die Aussage von Fr. Dr. Mariana Bozesan, „Europe's Female Angel Investor of the Year“, dass portugiesische Start-ups wegen eines praktisch „fehlenden“ Heimatmarktes schon sehr früh international ausgerichtet handeln.
Sehr spannend, das wird mir zukünftig persönlich deutlich mehr Leitgedanke für unsere eigenen Unternehmungen sein.
e.) Eine meiner Meinung nach etwas falsch propagierte Sicht: Sich „einfach mal als Frau trauen“ und als Business Angel agieren.
„Einfach mal machen, es ist alles ganz einfach“ sagte die Person auf der Bühne und adressierte dabei Frauen. Ist es nicht.
Bitte, bitte erst Execution (Umsetzung- und Handlungskompetenz) in der Rolle als Business Angel (m/w/d) aufbauen, dann loslegen und mit echten Start-ups interagieren. Das ist eine Frage der Wertschätzung gegenüber Gründerteams.
Natürlich ist alles zu erlernen und kein Hexenwerk. Erfahrungen wird dabei jeder – genau wie jedem – die Meisterschaft im Business Angel Handwerk bringen.
Apropos Bezeichnung Female Business Angels:
Die Sprachverwirrung zur Bezeichnung weiblicher Business Angels erscheint mir(!) unprofessionell, ich hätte gerne zeitnah eine einheitliche Sprachregelung für BAND bzw. den deutschen Raum.
Ein Vorschlag zur Bezeichnung aller, auch weiblicher, Business Angels: einfach bei „Business Angel“ bleiben.
Sprache ist gefährlich. Es gibt so viele Schubladen, in die ein Mensch einen anderen hineinstecken kann. Nutzt man das Maskulinum unreflektiert – falsch! Nutzt man die *innen Form, wirkt es auf einige aufgeklärt, auf andere (pseudo) akademisch/elitär verbrämt, überall den Zusatz (m/w/d) dahintersetzen ist … nun ja.
Ratio: „Business Angel“ als zusammengesetzter terminus technicus ist im Deutschen wohl als Lehnwort aus dem Englischen zu behandeln.
Natürlich bleiben auch andere Gedankenketten und Meinungen möglich und valide.
Persönlicher Schlussakkord: Es gab einen Elefanten im Raum. Sein Name war Nachhaltigkeit.
Geht Ihnen das auch so? Manchmal, gaaanz kurz, wird dieses Spannungsfeld zwischen (eigentlich) Tun (müssen) und (in Wirklichkeit) Ignorieren im Augenwinkel eingeblendet, verschwindet jedoch sofort wieder.
So erging es mir mit dem Begriff Nachhaltigkeit während dieses Tages. Immer wieder. Ja wichtig, ja dringend, ja, aber jeweils konkret: eigentlich egal.
Mein Wunsch wäre gewesen: Irgendeine erste echte Transferleistung bezüglich des aufziehenden globalen, multifaktoriellen und interdependent-wechselwirkenden Systemstresses in Wirtschaft und Gesellschaft. Und deren unumkehrbaren Auswirkungen auf „alles Öko-Systemische“ ... und die zu erwartenden und nicht zu erwartenden (Black Swan) Rückwirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft, inkl. der Lebenswelt von Business Angels.
Oder anders: Wenn Business Angels (m/w/d) schon zuständig sind (siehe oben Dr. Hoyer die „Lage der Zukunft“), dann sollte hier auch mal etwas passieren ... also rein theoretisch ... Am liebsten mit theoretischem Fundament aus der Academia, Praxisberichten von Vordenkenden der BA Zunft ... und Handlungsableitungen ... und Experten ... und Empfehlungen ... und einem MANIFEST ... aber vielleicht auch erst lieber im nächsten Jahr.
Ich sage: Die Integrationsaufgabe für den Terminus Nachhaltigkeit in die Lebens- und Investitionsrealität von Business Angels / Start-ups ist noch recht groß.
Einer erneuten Teilnahme im nächsten Jahr steht – außer Black Swan - Wetter oder unvorhersehbare Pandemieereignisse – nahezu nichts im Wege.
Robin Prosch
Business Angel